Donaugebet am 30. Mai 2021

Josef Göppinger und Team

Die Erde Er-schöpft, Böden im Burnout -
Sende aus deinen Geist, und das Antlitz der Erde wird neu!

 

Begrüßung

 

Lied Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig…(Kanon)

 

Wahrnehmungsübung als Gebet

 

Gott, ich stehe aufrecht vor dir –

meine Füße verbinden sich mit der Erde –

ich spüre den Boden unter meinen Füßen –

meine Fußsohlen sind fest mit dem Boden verbunden –

Ich stelle mir vor, dass aus ihnen Wurzeln wachsen, die tief in die Erde reichen – Durch die Wurzeln empfange ich die Kraft aus der Erde –

Diese Kraft durchdringt meinen ganzen Körper, von den Fußsohlen über meine Wirbelsäule bis in die Fingerspitzen und Haarspitzen –

mein Kopf ist ausgerichtet auf den Himmel –

So bin ich da –

geschaffen von dir –

hineingestellt in diese Welt –

in deine wunderbare Schöpfung –

Der Atem durchströmt mich und haucht mir Leben ein –

Leben, das von dir kommt –

wie wunderbar hast du mich geschaffen –

einmalig, kostbar und schön –

Ich atme tief ein, ich atme tief aus –

und verbleibe in Gottes liebendem Blick –

Dann verneige ich mich vor Gott

 

Lied: Erfreue dich, Himmel…

 

Unser Boden, auf dem wir stehen…

 

Wenige Zentimeter unter unseren Füßen liegt ein verborgenes Universum: unser Boden. Der Boden ist nur eine dünne Schicht, die unseren gesamten Planeten umgibt, und doch existieren in ihm mehr Lebewesen, als es Menschen gibt. Der tiefste Teil dieser Schicht brauchte eine Million Jahre, um zu entstehen. Der obere Teil des Bodens, der uns ernährt und das Klima reguliert, braucht Jahrhunderte. Ein gesunder fruchtbarer Boden ist der am dichtesten besiedelte und vielfältigste Lebensraum der Erde. Nur durch das Zusammenspiel von Milliarden von Mikroorganismen und Kleinlebewesen entsteht diese überlebenswichtige dünne Schicht unseres Bodens. Als Teil des Wasser- und Nährstoffhaushalts speichert er Regenwasser und Nährstoffe, schützt das Grundwasser vor Verschmutzung, reduziert Treibhausgase und reguliert die Feuchtigkeit. Gesunder Boden wird zur Frage des Überlebens für die gesamte Menschheit!

 

Ausbeutung des Bodens

 

Dennoch sind wir im Begriff, die Bodenfruchtbarkeit nachhaltig zu zerstören. Der Mensch betreibt Raubbau mit dem Boden, weil er die Ehrfurcht vor dem verloren hat, was ihn hält und ernährt. In Europa sind schätzungsweise 30 Millionen Hektar Ackerland weitgehend irreparabel verdichtet. Die Hauptursachen der Bodenverdichtung sind die intensive Bodenbearbeitung und die zunehmende Achslast schwerer Maschinen. Die so essenzielle Bodenbelüftung wird durch die Komprimierung der Bodenporen verhindert. Die Folgen sind Ertragsrückgang, Bodenmüdigkeit, geringere Wasseraufnahme bis hin zu Überschwemmungen.

Viele Ackerböden sind krank, weil sie seit Jahrzehnten mit giftigen Pestiziden und künstlichen Düngemitteln behandelt werden. Fruchtbare Böden werden immer seltener. Doch sie sind unverzichtbar für die menschliche Ernährung. Es braucht ein Umdenken in der industriellen Landwirtschaft. Durch industrielle Tierhaltung fallen enorme Mengen Gülle an, die das Grundwasser, Flüsse, Seen und Meere mit Nitrat und die Atmosphäre mit Ammoniak belasten. Aufgrund von Monokulturen und Pestiziden gehen natürliche Lebensräume für Insekten und andere Tiere verloren, der Artenschwund ist dadurch rasant. Der Einsatz von zu viel Chemie sorgt für Artensterben, kontaminierte Böden und das Verschwinden von Mikroorganismen. Rund 90 000 Tonnen Pestizide kommen jährlich zum Einsatz. Ein Milliarden-geschäft für Chemieunternehmen. Aber mit den Pestiziden werden in der Landwirtschaft nicht nur Schädlinge und Pilze vernichtet, sondern auch Nützlinge wie Bienen und andere Insekten. Wissenschaftler gehen davon aus, dass seit Beginn der Industrialisierung bis zu einer halbem Million Insektenarten aufgrund von Lebensraumzerstörung und immer größerem Einsatz von Pestiziden ausgestorben seien. Die Zahl der bedrohten und bereits ausgestorbenen Arten wird in einem bestürzenden Maße unterschätzt. Es betrifft Schmetterlinge, Bienen, Ameisen, Spinnen, Käfern und weitere Insektengruppen. Papst Franziskus schreibt in `Laudato Si´: „Möglicherweise beunruhigt es uns, vom Aussterben eines Säugetiers oder eines Vogels zu erfahren, weil sie uns mehr vor Augen sind. Doch für das gute Funktionieren des Ökosystems sind auch die Pilze, die Algen, die Würmer, die Insekten, die Reptilien und die unzählige Vielfalt von Mikroorganismen notwendig.“ Dabei ist das Ausmaß des Insektenschwundes nur schwer zu ermitteln, weil nur etwa jede fünfte aller weltweit geschätzten 5,5 Millionen Insektenspezies bekannt ist und einen Namen hat. Ein weltweit anerkannter Biologe sagt: „Wir wissen noch lange nicht alles über Insekten, aber wir haben genügend Erkenntnisse, um zu wissen: Es ist höchste Zeit zum Handeln! Weil die Natur und die Artenvielfalt keinen Marktpreis haben, nutzen die Menschen diese Ressourcen so, als seien sie umsonst. Die Lösung liegt daher nicht darin, die Marktpreise abzuschaffen, sondern im Gegenteil Preise für die Nutzung der Natur zu ermitteln. Ziel ist es, in einem sehr weiten Sinne mit der Natur als einem Vermögen der Menschheit zu rechnen.

 

Lied: Eine Handvoll Erde…

 

Lesung aus dem Buch Genesis (Gen 2,4-15)

 

Das Folgende ist die Geschichte der Kinder von Himmel und Erde, seit diese erschaffen wurden: Am Tage, als Gott Erde und Himmel machte, gab es noch keine Sträucher des Feldes auf der Erde und das Grün der Felder war noch nicht aufgesprossen, denn Gott hatte es noch nicht regnen lassen auf die Erde, und es gab auch noch keine Menschen, um den Acker zu bearbeiten. Nur ein Quell stieg aus der Erde auf und tränkte die ganze Fläche des Ackers. Da bildete Gott, Adam, das Menschenwesen, aus Erde vom Acker und blies in seine Nase Lebensatem. Da wurde der Mensch atmendes Leben. Nun legte Gott einen Garten in Eden an, das ist im Osten, und setzte das gerade geformte Menschenwesen dort hinein. Aus dem Acker ließ Gott sodann alle Bäume aufsprießen, reizvoll zum Ansehen und gut zum Essen, samt dem Baum des Lebens in der Mitte des Gartens und dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Und Gott nahm das Menschenwesen und gab ihm seinen Wohnsitz im Garten von Eden, um ihn zu bearbeiten und zu behüten.

 

Lied: Die Erde ist schön…

 

Gott hat als Wohnsitz für uns Menschen eine wunderbare Erde erschaffen, einen blühenden Garten, eine fruchtbare Oase. Und Gott hat uns aufgetragen, diesen blühenden Garten zu bebauen und zu behüten. Er hat diesen Garten geschaffen als das gemeinsame Haus für alle Menschen. Doch wir Menschen missachten diesen göttlichen Auftrag. Wir sind blind geworden für die geheimnisvolle Vielfalt und einmalige Schönheit dieses Gartens. Wir wollen ihn besitzen, über ihn verfügen und nach unseren Interessen umgestalten. Was nicht dem Profit dient, wird ausgemerzt und vergiftet. Was uns im Wege steht, wird weggebaggert, aufgefüllt, zubetoniert und begradigt. Wir diktieren dem Garten Eden unsere Ordnung: immer mehr, immer schneller, immer weiter. Was wächst und Früchte bringt, wird ausgepresst, eingestampft und umgewandelt, immer weniger, um die Menschen weltweit zu ernähren, immer mehr, um unsere Tanks zu füllen. Hören wir den Schrei der Armen und den Schrei der Erde? Papst Franziskus schreibt in seiner Enzyklika ´Laudato Si´: “Wir kommen heute nicht umhin anzuerkennen, dass ein wirklich ökologischer Ansatz sich immer in einen sozialen Ansatz verwandelt, der die Gerechtigkeit in die Umweltdiskussionen aufnehmen muss, um die Klage der Armen ebenso zu hören wie die Klage der Erde.“

Wissenschaftliche Studien sprechen seit Jahren vom sogenannten Erd- erschöpfungstag, vom Erd- überlastungstag oder in englischer Sprache vom sogenannten overshootday. Das heißt, wir überziehen das Ressourcenkonto unseres Planeten. Im vergangenen Jahr waren am 22. August 2020 die gesamten nachhaltig nutzbaren Ressourcen der Erde bereits aufgebraucht, die uns für ein Jahr zur Verfügung stehen. Im Jahr 2019 bereits am 29. Juli. Ab diesem Tag brauchten wir eine zweite Erde. Wir leben sozusagen auf Pump. Junge Menschen wollen nicht länger zuschauen, wie sie ihrer Lebensgrundlagen beraubt werden. Die Corona-Pandemie hat den weltweiten Ressourcenverbrauch etwas verringert. Wollen wir wieder zum alten Lebensstil zurückkehren oder sind wir bereit, aus der Pandemie zu lernen und Konsequenzen zu ziehen.

 

Lied: Gott gab uns Atem, damit wir leben

 

Fürbitten

 

An Pfingsten singen wir zu den Psalmen den bekannten Kehrvers: Sende aus deinen Geist und das Antlitz der Erde wird neu…Ist uns die revolutionäre Botschaft dieses Kehrverses schon einmal wirklich bewusstgeworden? Spüren wir die Tragweite dieser Bitte um den Heiligen Geist? Hilf uns, Heiliger Geist, die Erde, unser gemeinsames Haus, vor ihrem Burnout, ihrer Erschöpfung zu bewahren und sie zu retten:

- Sende aus deinen Geist…

 

Schenke uns den Geist der Einheit, der Menschen und Gruppen zusammenführt, die für die Schöpfung Verantwortung tragen, alle, die den Boden bewirtschaften, Tiere züchten und unsere Lebensmittel erzeugen, alle, die für den Transport und die Vermarktung dieser Güter Verantwortung tragen und daran verdienen und alle, die diese Produkte kaufen und konsumieren. Dein Geist bewahre vor gegenseitigen Schuldzuweisungen und Verleumdungen und lasse sie spüren, dass alle zum Umdenken und zum Anders Handeln aufgefordert sind…

- Sende aus deinen Geist…

 

Schenke uns den Geist der Ehrfurcht und Demut vor allem, was wächst, blüht und lebt, in der behutsamen Bearbeitung des Bodens – frei von ständiger Ertragssteigerung und Profitgier, in dem respektvollen und artgerechten Umgang mit Tieren, - frei von einer überdimensionalen Massentierhaltung, und dem rechten Gebrauch und Konsum von allem, was uns als Nahrung dient – ohne Verschwendung und obszöner Genusssucht…

- Sende aus deinen Geist…

 

Schenke uns den Geist der Stärke und der Zivilcourage, um auf politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen so Einfluss nehmen zu können, dass eine artgerechte, die Erde schonende Landwirtschaftspolitik, eine auf erneuerbare Energie setzende Industriepolitik und eine alternative Verkehrspolitik zur Erreichung der Klimaziele beitragen können…

- Sende aus deinen Geist…

 

Schenke uns den Geist der Solidarität und Geschwisterlichkeit, der uns neben dem Schrei der Erde auch den Schrei der Armen hören lässt und uns bewusstmacht, wie sehr wir Bewohner der sogenannten nördlichen Hemisphäre die große Mehrheit der zur Verfügung stehenden Ressourcen verbrauchen, die Armen ihrer Lebensgrundlage berauben und sie die verheerenden Auswirkungen einer verfehlten Klimapolitik in besonderer Weise spüren lassen…

- Sende aus deinen Geist…

 

Schenke uns den Geist der Erkenntnis, der vor allem uns Christen in unseren Kirchen zum Anwalt einer erschöpften Erde und eines geplünderten Planeten werden lässt, weil du uns diesen Planeten als gemeinsames Haus anvertraut hast und der uns dazu führt, mit allen politischen und zivilgesellschaftlichen Gruppen und Initiativen zusammenzuarbeiten, die sich für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit einsetzen…

- Sende aus deinen Geist…

 

Vater Unser

 

Segen

 

Es segne uns Gott

Ursprung und Quelle

Anfang und Ende

Vater und Mutter

Fülle und Halt der Schöpfung

Es segne uns Gott

Mensch und Fleisch solidarisch

in Freud und Leid

Hoffnung der Schwachen und Erniedrigten

Der Tod des Todes

Jesus Christus

Es segne uns Gott

Atem und Hauch

Leben und Kraft

Friede und Freude

Einheit und Vielfalt

der Heilige Geist

es segne uns der dreifaltige Gott,

der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.